Urban Mobility – Vernetzte Verkehre für die Zukunft
Die historische Enwicklung verschiedener Verkehrsformen
Urban Mobility ist nicht ein Begriff der Gegenwart und Zukunft. Menschen haben sich in den vergangenen Jahrhunderten immer Gedanken gemacht, wie sie den Verkehr für Personen und Güter nachhaltig gestalten können. Dazu gibt es einige Beispiele: Die weltweit bekannte Wuppertaler Schwebebahn ersetzte die Pferdestraßenbahn, weil es entlang der Wupper im Stadtgebiet mit 400.000 Einwohnern zum Ende des 19. Jahrhunderts keine technischen Alternativen gab, den Nahverkehr in der verdichteten Tal- und Hanglage nutzerfreundlich zu gestalten. Übliche Straßen- und Untergrundbahnen erschienen aufgrund der besonderen Lage technisch nicht möglich.[1]
An anderen Orten verlagerte die Errichtung von Untergrundbahnen den Personenverkehr unter die Erde. Sie begann bereits am Beispiel der London Underground vor 160 Jahren, die den Verkehr in den Metropolen für Millionen ihrer Einwohner revolutionierte und beschleunigte.
Stadtgründungen orientierten sich früher an Strömen und Flüssen. Städtebauliche Entwicklung war ohne die Schifffahrt für den regionalen Transport von Baumaterialien, Holz, Getreide und Lebensmittel undenkbar und förderte damit die Attraktivität der Großstädte. Mit Fähren wird auch heute noch der Personenverkehr in Metropolen an Küsten entwickelt und angeboten – nicht wegzudenken in Städten wie Vancouver, Seattle, Sydney oder auch Venedig.
Urban Mobility in unserer modernen Zeit
Heute sind die technischen Möglichkeiten deutlich weiter und erlauben die Umsetzung vielfältigster Ideen. Die Innovation kennt in Städten wie Hong Kong keine Grenzen: Das Hongkonger Fußgängerbrückennetz verbindet über elevated walkways Büroimmobilien, Hotels und Shopping Center mit Anlegestellen von Fähren, Stationen von U-Bahnen, Trams und Bussen. Fußgänger bewegen sich nicht wie bei U-Bahnen unter der Erde, sondern in mehreren Metern Höhe über dem dichten Straßenverkehr Hongkongs. Überall, wo Hanglagen erschlossen werden, existieren Rolltreppen.[2] Dazu zählt auch die mit 800 Metern längste Open-Air-Rolltreppe der Welt: Sie befördert täglich über 200.000 Personen zu Bürogebäuden, Restaurants, kulturellen Einrichtungen – wie Kirchen und Moscheen – sowie Wohnanlagen.[3]
Auch in Tokyo kommt man in den Genuss futuristischer Bilder: Dort findet die Erschließung der Fußgängerbereiche zwischen den U-Bahntrassen und der Stadtbebauung auf eigenen Ebenen statt. Diese Zwischenebenen sind über große Strecken mit den U-Bahnknotenpunkten verknüpft und verfügen über eigene Läden und Zugänge zu Büros und Shopping Centern.
Besonders spektakulär ist das urbane Seilbahnnetz in der bolivianischen Hauptstadt La Paz. Hierzu wurde das österreichische Unternehmen Doppelmayr beauftragt, das auch viele Skipisten in Europa mit Gondeln erschließt. Über 30 Kilometer lang und auf zehn Linien verteilt mutet es an wie eine Art U-Bahnnetz in der Luft. Die Seilbahn fährt im Minutentakt, ohne einen Fahrplan zu benötigen. Ihre Transportleistung und die Zeitersparnis für die Fahrgäste sind beeindruckend. So etwas wie Stau oder Verkehrsknotenpunkte gibt es hier nicht. Das Erstaunliche hieran: Die Planung und der Bau einer Seilbahn können schnell abgeschlossen werden. Die Kosten sind, verglichen mit anderen Verkehrsmitteln, gering und amortisieren sich schnell. Andere Städte können sich hier durchaus ein Beispiel nehmen![4]
Das Mega-System eines intelligenten Verkehrsmanagements
In der folgenden Betrachtung versteht man unter Urban Mobility nicht unbedingt die technische Optimierung des Transports von Menschen in großstädtischen Regionen. Wir betrachten eher die Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsträger als ein Verkehrs-Ökosystem für die Mobilitätsansprüche, die Bürgerinnen und Bürger mit Trams, U- und Schnellbahnen, Bussen, eigenen oder gemieteten Fahrzeugen, Taxi, Fahrrad oder zu Fuß klimaschonend in Anspruch nehmen können. Alle Fahrzeuge sollten überwiegend emissionsarm und elektrisch betrieben werden.
Abbildung 1: In der Zukunft sollen alle Verkehrsmöglichkeiten vernetzt und auf einer Plattform angezeigt werden: Mobility as a Service (MaaS).
Abbildung 1: In der Zukunft sollen alle Verkehrsmöglichkeiten vernetzt und auf einer Plattform angezeigt werden: Mobility as a Service (MaaS). |
Eingebettet sind diese Verkehre in digitale Plattformen, die dem Bürger eine vollkommene Transparenz aller Verkehrssysteme ermöglichen. Dazu zählen auch Angebote von Bike- und Carsharing-Anbietern. Gerade das spontane Teilen der Fahrzeuge unterstützt die Anforderungen für mehr individuelle Mobilität der Bürger. Fachleute sprechen bereits von einem Standortfaktor, wenn unkompliziert die vielen Facetten von Verkehren angeboten werden. Urban Mobility endet nicht an den Grenzen städtischer Regionen, sondern bindet die ländlichen Nachbarregionen mit ein.
Ein wesentliches Ziel bleibt immer dasselbe: Die Mobilität wird erhöht und die CO2-Emissionen werden reduziert. Bestimmt werden diese Vorstellungen nicht mehr nur von den lokalen oder regionalen Verkehrsunternehmen, sondern zunehmend auch von den Softwareanbietern und ihren Lösungsangeboten. Es existieren integrierte Apps, die man herunterladen kann. Sie vernetzen alle Möglichkeiten, um von A nach B über Mobility Hubs oder Umsteigestationen zu kommen. Das heißt, sie zeigen je nach Standort und Uhrzeit die beste Route, ob dies die Tram, den Bus, ein Bike oder ein Taxi beinhaltet. Auch die zu zahlenden Fahrpreise und Buchungen werden aufgezeigt. Diese Bündelung als Mobility as a Service (MaaS) erleichtert die Fortbewegung, insbesondere auch in Gebieten, in denen der öffentliche Nahverkehr weniger ausgebaut ist. Es kombiniert verschiedene Transportmittel wie öffentliche Verkehrsmittel, Car-, Bike- und E-Scooter-Sharing oder Taxidienste auf einer einzigen Plattform.
Letztendlich werden autonom fahrende Fahrzeuge die Zukunft sein. Nicht nur Autos, sondern auch Trams, U-Bahnen oder Busse werden auf Fahrer verzichten können und damit auch dem Arbeitskräftemangel Rechnung tragen. Alles ermöglicht eine individuellere Mobilität. Künstliche Intelligenz wird den ÖPNV effizienter gestalten und Apps werden mit kontaktlosen Ticket- und Bezahlsystemen die Nutzung des Nah- und Regionalverkehrs noch einfacher machen. Fahrdienste mit autonomen Shuttles oder Taxen sind weniger kostenintensiv als bisherige Verkehrslösungen und werden so mehr Menschen zugänglich sein.[5]
Mehr Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung
Urban Mobility schließt die Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung mit ein. Mit dem Almost-Zero-Waste-Prinzip werden zum Beispiel Fahrräder aus recyceltem Kunststoff hergestellt und damit die Nachhaltigkeit der Mobilität gestärkt. Die Vehicle-to-Grid-Technologie harmonisiert den Energiebedarf von E-Fahrzeugen und lokalen Stromnetzen. Ladefähige Fahrzeuge werden nicht nur elektrische Energie aus dem Netz entnehmen, sondern als Teil eines intelligenten Energiesystems auch wieder Energie über Ladestationen in das Netz oder für den privaten Verbrauch einspeisen können.
Besonders das Carsharing Prinzip optimiert die Inanspruchnahme von Verkehrsträgern. Empirischen Untersuchungen zufolge werden Privatfahrzeuge in der Summe ihrer Einsätze im Durchschnitt täglich nur eine Stunde benötigt. Unter diesem Aspekt macht das Teilen der Autos weitaus mehr Sinn als das Besitzen eines eigenen Fahrzeugs. Autonom fahrende Fahrzeuge können nicht nur einen Privatnutzer an sein Ziel bringen, sondern parallel auch von weiteren Fahrgästen genutzt werden, die in ähnliche Richtungen fahren. So kann ein selbstfahrendes Auto bis zu zehn Privatautos ersetzen. Dadurch entsteht wiederum ein besserer Verkehrsfluss, was zu weniger Verkehr und weniger Stau führen kann.[6]
Fazit für Deutschland
In der Bundesrepublik Deutschland ist man in den Metropolregionen mit diesen Konzepten unterschiedlich weit, aber die Städteplaner agieren alle in dieselbe Richtung. Was schon erreicht wurde, ist ein Nah- und Regionalverkehrsticket, das die verschiedenen Räume Deutschlands miteinander verbindet: Das Deutschland-Ticket mit einem Monatspreis von nicht mehr als 49 Euro motiviert Menschen, die vielfältigen Angebote des ÖPNV und Regionalverkehrs auch tatsächlich zu nutzen. So werden regionsübergreifend ökonomische und ökologische Ressourcen gespart.
Weitere Maßnahmen zur Förderung der regionalen Mobilität könnten sein: die Integration von Fahrradwegen und Fußgängerzonen in das städtische Verkehrsnetz, die Förderung von Mitfahrgelegenheiten durch digitale Plattformen und die Schaffung von Mobilitätshubs, die den nahtlosen Übergang zwischen verschiedenen Verkehrsmitteln ermöglichen. Durch solche Initiativen können regionsübergreifende Verbindungen gestärkt und die Mobilität der Bürger weiter verbessert werden.
- https://de.wikipedia.org/wiki/Wuppertaler_Schwebebahn
- https://de.wikipedia.org/wiki/Fußgängerbrücken_in_Hongkong
- https://de.wikipedia.org/wiki/Central_Mid-Levels_Escalator
- https://lapaz.doppelmayr.com/
- https://www.openpromos.de/magazin26_artikel07/
- https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Presse/2023/Stadt-der-Zukunft-FAZ-vom-151223.pdf
Ernst Hubert von Michaelis
Sales Representative
PROMOS consult
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