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04.10.2023
Strategie

Kompetenzgewinn zur Digitalisierung – Was macht DigiWoh?

Vernetzen. Austauschen. Voneinander lernen. So das Credo vom Kompetenzzentrum Digitalisierung, kurz DigiWoh. Vor mehr als zwei Jahren vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. gemeinsam mit 16 Wohnungsunternehmen ins Leben gerufen, forciert der Verein den Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen, schafft Berührungspunkte zwischen Wohnungswirtschaft und Technologiepartnern und bringt alle an einen Tisch – hierarchieübergreifend vom Strategen, Vordenker über IT-Leiterinnen, Anwender bis hin zum Azubi. Willkommen sind alle, die das Thema Digitalisierung anpacken wollen. Wir sprechen mit Arne Rajchowski, Leiter der DigiWoh- Geschäftsstelle, über das wachsende Netzwerk von bereits über 150 Mitgliedsunternehmen, Beteiligungsformate und unser individuelles Mindset zur Digitalisierung.
Kompetenzzentrum für Digitalisierung vom GdW

IT&I: Buzzword Digitalisierung Als Technologieunternehmen und Partner für viele Unternehmen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft gehört das Wort Digitalisierung zu unserem täglichen Sprachgebrauch bei PROMOS. Wie verstehen Sie Digitalisierung?


Arne Rajchowski: Digitalisierung bedeutet für mich die durchgehende Virtualisierung von allem, was für uns wichtig ist – von Gebäuden, von Prozessen, von Aufgaben. Diese neu erschaffenen digitalen Abbilder sind die Basis für alle Vorteile und Lösungen, die wir an der Digitalisierung schätzen. Sie ermöglichen uns die Automatisierung von Aufgaben, die Vernetzung zwischen Personen, Unternehmen oder Gegenständen. Diese technische Sicht ist jedoch zweitrangig. Der wichtigste Aspekt ist die konsequente Kundenzentrierung. Wir entwickeln mit der Digitalisierung kundenorientierte Lösungen und müssen reale Probleme lösen.


IT&I: Wo setzt Ihre Arbeit beim DigiWoh an?


Rajchowski: Wir wollen das Buzzword „Digitalisierung“ anfassbar machen und den Austausch zu ganz praktischen, bereits realisierten Digitalisierungsprojekten zwischen den Wohnungsunternehmen fördern. Auf unserer Plattform gibt es hierzu verschiedene Veranstaltungsformate, wie themenbezogene Online-Erfahrungsaustausche oder Live-Workshops. Von der Vorständin einer großen Genossenschaft bis zum Azubi einer kommunalen Gesellschaft sitzen bei unseren Veranstaltungen alle an einem Tisch und bringen ihre Perspektiven zu dem diskutierten Thema ein.


ITI: Was gab den Ausschlag, DigiWoh zu gründen?


Rajchowski: Die Idee zur Gründung eines wohnungswirtschaftlichen Kompetenzzentrums entstand im Rahmen eines Strategieworkshops von Wohnungsunternehmen zur Digitalisierung. Dort fiel auf, dass viele Wohnungsunternehmen Digitalprojekte sehr unterschiedlich angehen, obwohl die Herausforderungen von Ost bis West und von klein bis groß eigentlich oftmals die gleichen sind. Die Idee, dass die Unternehmen von anderen Branchenkollegen lernen, anstatt stets das Rad neu zu erfinden, lag auf der Hand. Mit dem DigiWoh entstand dann die Vision einer Plattform, die für diesen informellen Erfahrungsaustausch und die Vernetzung zwischen den Mitarbeitenden deutschlandweit den geeigneten Raum bietet.


IT&I: Mit welchen Fragen oder Problemstellungen kommen die Unternehmen auf Sie zu? Welchen Herausforderungen sehen sich Ihre Mitglieder in der Branche ausgesetzt?


Rajchowski: Vielen Unternehmen fehlen Zeit und Erfahrung sowie ein Weg, ihr eigenes Verständnis von Digitalisierung zu entwickeln. Dazu mischen über 500 PropTechs den Markt mit immer neuen Ideen auf, doch die verschiedenen Anwendungsfälle sind nicht immer sofort verständlich oder für das eigene Wohnungsunternehmen geeignet.


Was oftmals fehlt, ist eine gemeinsam entwickelte Vorgehensweise für das erste und zweite Projekt, um Erfahrungen zu sammeln, und ein wohnungswirtschaftlicher Sparrings-Partner, der anbieterunabhängig aufzeigt, welche Optionen es für das Unternehmen gibt und welche Lösungen und Vorgehensweisen sich auf dem Markt bereits bewährt haben.


IT&I: Gibt es auch Themen, die im Vordergrund stehen? Wo drückt aktuell am meisten der Schuh? Vielleicht können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen.


Rajchowski: Während auf den großen Fachtagungen und Kongressen Zukunftsvisionen von künstlicher Intelligenz oder digitalen Gebäudezwillingen präsentiert werden, bewegen unsere Mitgliedsunternehmen viel greifbarere Fragestellungen: Wie gelingt die ERP-Umstellung, ohne die Mitarbeitenden zu überlasten? Wie kann ich digitale Tools nutzen, um effizient und kundenfreundlich mit meinen Mietern zu kommunizieren? Ein Erfahrungsaustausch mit der Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft, die ein Hybridmodell im Bereich Kundenkommunikation aus Mieter-App für digital-affine Mieter sowie eine digitale Haustafel für alle Mieter und Dienstleiter entwickelt hat, fand großen Anklang. Auch das Thema Energiemanagement und wie digitale Technologien hier mehr Transparenz zu Verbrauchsdaten und der CO2-Bilanz der Gebäude schaffen können, wird in unserem Verein lebhaft diskutiert.


IT&I: Und welche Antworten können Sie den Unternehmen auf ihre Fragen geben? Sie wollen nicht nur über Digitalisierung reden, sondern Unternehmen auch zum Handeln motivieren. Wie kann DigiWoh Unternehmen hierbei unterstützen?


Rajchowski: Die einzig richtige Antwort gibt es auf keine der Fragen. Im DigiWoh können wir Unternehmen jedoch dahingehend unterstützen, dass wir sie mit anderen Unternehmen zusammenbringen, die vielleicht schon einen Schritt weiter in einzelnen Projekten sind. Die Erfahrungen anderer Wohnungsunternehmen können motivieren, da sie zeigen:

„Schaut her, bei uns hat es auch funktioniert!“ In den ehrlichen Erfahrungsberichten diskutieren wir jedoch auch über die Herausforderungen und Stolpersteine der Projekte und ermöglichen so eine realistische Einschätzung digitaler Projekte. Damit beugen wir vor, dass Wohnungsunternehmen die Fehler anderer Mitglieder wiederholen oder sich mit zu vielen parallelen Projekten überlasten.


Ergänzend dazu gibt es von DigiWoh Arbeitshilfen, die in verschiedenen Phasen von Digitalprojekten einsetzbar sind. Wir haben ein Modell entwickelt, mit dem unsere Mitglieder selbst Digitalprojekte konzipieren können. Dieses Modell gibt es als Poster und ein passendes Handbuch dazu. Ebenso haben wir Vorlagen im Angebot, um die Zusammenarbeit zwischen Wohnungsunternehmen und Technologiepartner zu vereinfachen. Dazu haben wir eine Vorlage gebaut, mit der Wohnungsunternehmen einfach umreißen können, welche Probleme z. B. ein Mieterportal lösen soll. Ein hochkomplexes Lasten- und Pflichtenheft ist nicht immer erforderlich und hilfreich.


IT&I: Mitglieder können sich auf Ihrer Plattform ganz konkret zu den verschiedenen Spielwiesen der Digitalisierung austauschen. Wie ist hier die Resonanz? Wie werden die Angebote angenommen?


Rajchowski: Unsere Veranstaltungsformate werden hervorragend angenommen, was die steigenden Teilnehmerzahlen bei den Erfahrungsaustauschen und Workshops belegen. Die Resonanz hängt hier natürlich immer auch vom diskutierten Thema ab – nach zweieinhalb Jahren DigiWoh haben wir schon ein gutes Gespür entwickelt, was unsere Mitglieder interessiert. Die Angebote unseres Vereins entwickeln wir agil – Formate, die nicht so gut angenommen werden, wie bspw. den DigiWoh-Stammtisch oder Online-Arbeitsgruppen, stellen wir ein und entwickeln neue Ideen. Auch die Wünsche der Mitglieder beziehen wir mit ein und ermöglichen vielfältige Beteiligung.

Der DigiWoh bietet Veranstaltungstipps zum Austausch über Digitalisierung

Abbildung 1: Auf der DigiWoh Plattform werden verschiedene Veranstaltungsformate angeboten.

IT&I: Warum sollten Unternehmen beim DigiWoh mitmachen?


Rajchowski: Der DigiWoh ist eine tolle Möglichkeit für die Mitarbeitenden der Wohnungsunternehmen und Technologiepartner, auf Fachebene miteinander ins Gespräch zu kommen. Der Austausch unterstützt bei Software-Entscheidungen oder dem Aufsetzen der eigenen Digitalisierungsstrategie und bietet dadurch konkrete Mehrwerte für das operative Geschäft. Die innovativen Live-Workshops von DigiWoh werden nicht nur als Weiterbildung für die Teilnehmenden zertifiziert, sondern machen durch ihre konstruktive und gleichzeitig lockere Atmosphäre einfach Spaß.


IT&I: Zum Abschluss: Welche Empfehlung können Sie aus Ihren gewonnenen Erfahrungen Unternehmen mit auf dem Weg geben, wenn Sie den Prozess zur Digitalisierung angehen wollen? Gibt es No-Gos?


Rajchowski: Meine Hauptempfehlung ist: Einfach mal machen! In der Wohnungswirtschaft sind wir oftmals noch sehr zurückhaltend, was echte Innovationen angeht. Projekte werden zerredet und es werden nur die Risiken gesehen, anstatt die enormen Chancen, die mit der Digitalisierung einhergehen, zu betrachten. Das ist insofern schade, da das Potenzial, mittels der Digitalisierung Antworten auf Fachkräftemangel oder Klimaschutz zu finden, für unsere Branche riesig ist. Nicht jedes Digitalisierungsprojekt muss auf Anhieb gelingen oder gleich das ganze Unternehmen auf links drehen. Ein Festhalten am Status Quo ist meiner Meinung nach jedoch das einzige No-Go, das man bei der Konzeption von Digitalprojekten vermeiden sollte.


IT&I: Vielen Dank für das Interview!

redaktion@openpromos.de

Informationstechnologie und Immobilien (IT&I) Ausgabe Nr. 37 / Mai 2024

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