Realtalk: ERP-Migration & digitale Zukunft – Was moderne IT-Landschaften leisten müssen
Von der Pflicht zur Kür: Warum IT-Landschaften heute mehr leisten müssen
Die digitale Transformation wird zunehmend durch regulatorische Vorgaben vorangetrieben. Ob nationale Gesetzesinitiativen oder EU-Vorgaben wie die Einführung der Digital Identity Wallet: Daten müssen digital, strukturiert und maschinenlesbar vorliegen – Papierakten oder handschriftliche Notizen werden schlicht nicht mehr ausreichen. Wer seine IT-Landschaft nicht weiterentwickelt, wird künftig Schwierigkeiten haben, gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.
Doch die Branche ist gespalten. Viele Unternehmen stecken in historisch gewachsenen Kernsystemen fest, deren Weiterentwicklung schwerfällig oder teuer ist. Gerade ERP-Systeme bilden als zentrales Rückgrat der IT häufig einen Engpass: Statt Innovation zu ermöglichen, hemmen sie Veränderung. Was hilft, ist ein gemeinsamer Standard.
Neue Technologien, neue Erwartungshaltung
Künstliche Intelligenz verändert schon heute den Umgang mit IT. KI-gestützte Assistenzsysteme bringen eine neue Leichtigkeit in die Nutzung – und damit eine ganz neue Erwartungshaltung: Warum muss ich noch 18 Felder in SAP befüllen, wenn ein KI-Agent mir in wenigen Sekunden das passende Formular vorbereitet?
Gerade Low-Code-Tools und KI-Services zeigen, wie schnell sich innovative Anwendungen bauen lassen. Das schafft Neugier, aber auch Spannungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die entscheidende Frage ist daher nicht mehr: Was kann mein System? Sondern: Wie offen ist es für Erweiterungen? Moderne IT-Landschaften brauchen Schnittstellen, Integrationsfähigkeit und eine klare strategische Zielrichtung. Nicht ein System, das alles kann, sondern eines, das gezielt ergänzt werden kann.
ERP-Migration ist mehr als nur Technik – Es geht um Haltung
Bei einer ERP-Migration sollte nicht allein der technische Aspekt im Vordergrund stehen. Stattdessen ist es sinnvoll, ein Zielbild zu entwerfen: Was soll das System leisten? Welche Prozesse wollen wir vereinfachen? Welche Tools bringen echten Mehrwert?
Diese Haltung braucht Mut, denn sie rüttelt an alten Glaubenssätzen. Migration ist nicht nur ein IT-Projekt, sondern ein kultureller Wandel. Deshalb ist es entscheidend, die Menschen mitzunehmen mit verständlichen Schulungen, gut ausgewählten Key-Usern und Prototypen, die Lust auf das Neue machen. Eine gut designte Kachel wie „Meine Aufgaben“ in Fiori®, die alle To-dos des Tages auf einen Blick zeigt, kann hier Wunder wirken.
Diskussion statt Frontalvortrag – Und das Publikum macht mit
Besonders lebhaft wurde es bei der Frage, ob klassische Lastenhefte und Anforderungskataloge überhaupt noch sinnvoll sind oder eher verhindern, dass neue, intuitive Lösungen überhaupt eine Chance bekommen. Hier entwickelte sich eine intensive Debatte mit dem Publikum, in der verschiedene Sichtweisen, Erfahrungen und konkrete Projektbeispiele ausgetauscht wurden.
Überhaupt war die offene Gesprächsatmosphäre eines der Highlights der Session. Mehrere Teilnehmende meldeten sich aktiv zu Wort – ganz ohne Hemmschwelle. Arne Rajchowski brachte es im Nachgang in einer Mail an das Team auf den Punkt: „Ich denke, ich habe noch bei keiner Konferenz oder Messe eine so freie Diskussion erlebt. […]. Hat funktioniert – wirklich super.“
Weg vom Lastenheft – Hin zu echten Highlights
Eine zentrale Erkenntnis aus der Diskussion: Wir brauchen eine neue Herangehensweise in der Auswahl von IT-Lösungen. Statt langer Anforderungskataloge sollten IT-Anbieter zeigen, wie cool ein System sein kann. Was sind die Highlights, die mir den Alltag wirklich erleichtern? Wo liegt der „Wow-Effekt“, der Lust auf Veränderung macht?
Denn: Wenn man den Reiter fragt, was er will, sagt er ein schnelleres Pferd – aber nicht das Auto. Doch genau dieses Umdenken brauchen wir heute. Eine ERP-Migration ist die Chance, Prozesse neu zu denken, Innovationspotenziale zu heben und gleichzeitig Zukunftssicherheit zu schaffen. Dabei hilft der sogenannte Clean Core-Ansatz, also die Reduktion individueller Sonderentwicklungen zugunsten eines wartungsfreundlichen, klar strukturierten Systems mit hoher Integrationsfähigkeit.
Fazit: Die Zukunft beginnt jetzt – Nicht in fünf Jahren
Die Innovationsgeschwindigkeit in der IT ist rasant. KI-Entwicklungen, wie sie täglich im Heise-Podcast oder anderswo vorgestellt werden, zeigen, wie viel möglich ist. Wer fünf Jahre wartet, hat schon verloren. Die gute Nachricht: Der Einstieg muss nicht perfekt sein. Aber er muss jetzt passieren – offen, strategisch und mit Lust auf Veränderung.

Moderiert von Lê Duong Thanh, diskutierten Arne Rajchowski und Larsen Bernhardt unter Einbezug des Publikums über die Anforderungen an zukünftige IT-Landschaften.